Vorher - Nachher

Nach einer gründlichen Revision des ersten Beitrages von Uriel, der mit der Endevion, habe ich diesen überarbeiteten und bin momentan sehr zufrieden mit dem Ergebnis.
Kommentare hierzu sind erwünscht, hoffe mich verbessert zu haben, ich habe auf jedenfall den Eindruck:

"14. Dezember, 2610

„Paris, Frankreich.
Das Uriel - Kraftwerk „Alpha“ nimmt heute seinen Betrieb auf.
Das Kraftwerk, dass das erste seiner Art ist, wird mit einem Energieoutput von 228 Milliarden kWh pro Jahr ein Siebtel des Energiebedarfes Frankreichs abdecken und vorerst ein Jahr zur Probe arbeiten. Die Energiequelle des Kraftwerks ist die vor 6 Jahren im Weltall entdeckte Substanz Uriel, die mithilfe von Venturi-Düsen in einen Unterdruck versetzt und somit entzündet wird. Uriel verbrennt fast rückstandsfrei, die wenigen Rückstände die übrig bleiben sind nicht umweltbedenklich, versichert U.E. Nature. Sollte sich das Kraftwerk bewähren, werden in den nächsten Jahren weltweit weitere gebaut werden, die den zukünftigen Energiebedarf der Menschheit decken und jegliche Sorgen über mögliche Energieprobleme ausräumen werden.“

Nachrichtenmeldung des U.I.N.

18. November, 2679

Die Endevion lag in einer orbitalen Entfernung von 616 km vom Planeten Alypo entfernt.
Aus dieser Entfernung konnte man gut die gräuliche Oberfläche von Alypo erkennen, der mit einem Durchmesser von 13.401 km etwas größer als die Erde war. Obwohl die Menschen des 27. Jahrhunderts die Technologie des „Terra Forming“, der Umwandlung einer menschenfeindlichen Planetenatmosphäre in eine menschenfreundliche, kannten, war Alypo keiner dieser umgewandelten Planeten. Sauerstoff war bloß zu 0,3% als Spurengas vorhanden, den Hauptteil der Atmosphäre bildeten mit 80% Stickoxide und Schwefeldioxide. Alypo war ein Industrieplanet, dessen Industrie sich auf den Bau von United Earth, kurz U.E., Raumschiffen konzentriert hatte. Die 3,2 Millionen Einwohner des Planeten arbeiteten fast alle ausnahmslos am Erbau von Raumschiffen, die Planung selbst fand auf der Erde oder in weiteren Weltraumkolonien der Menschheit statt.
Die Menschen auf Alypo schützten sich vor der giftigen Atmosphäre mit sogenannten „Gaia-Sphären“; riesigen Kuppeln, die mit technischen Systemen im Inneren die Erdatmosphäre simulierten und so ein Überleben in dieser feindlichen und harschen Umgebung sicherstellten.
Eine der größten Kuppeln, mit einem Durchmesser von 20 km, die „Hellespont Kuppel“, konnte man gut aus dem Orbit des Planeten aus als kleinen Lichtpunkt auf der ansonst trostlosen grau Oberfläche des Planeten erkennen.
Es war Tag für Hellespont und die Tag-Nacht Grenze konnte von der Position der Endevion aus beobachtet werden, wie sie in einem 19,5 Stundenrythmus ihre Weltumrundung durchführte.
Das neuste Projekt des Planeten Alypo, das U.E. Experimentalraumschiff Endevion, schwebte stolz in dessen Umlaufbahn.
Geplant und gebaut wurde die Endevion von dem Konzern Stellar Solutions Industrys, SSI. Die Planung nahm 2 Jahre in Anspruch, der ausführende Bau kostete nochmals 2 Jahre Zeit, aufgrund der besonderen Länge der Endevion.
Diese beanschlagte mit 2 km Gesamtlänge einen Aufwand, den noch kein Raumschiffbauer zuvor bewältigen musste. Normale Raumschiffe der Erde waren mit einer Durchschnittslänge von 80 Metern bereits materialintensiv herzustellen und wirkten neben der Endevion wie Mücken, die blutgierig einen Elefanten umkreisten.
Die noch nicht mit Farbe und Hintergrundstrahlung - adsorbierendem Lack bestrichene metallene Oberfläche glänzte im Scheinwerferlicht zahlreicher Raumschiffe, die sich um die Endevion scharten.
Autarken Minirobotern umrundeten die Endevion und kontrollierte jede Stelle genauestens nach. Verbogene Hüllenteile wurden mittels Elektromagnetfeldern zurechtgebogen, matte Metallteile noch auf Hochglanz poliert mit einem Nanosandgebläse, dass die raue Metalloberfläche glatt polierte, und hie und da wurde bereits eine 5 mm dicke Lackschicht gegen Hintergrundstrahlung aufgesprüht, jedoch nur bei sensiblen Bereichen, wie der Brücke des Raumschiffes. Als sensibel galten alle Bereiche, in denen sich Menschen regelmäßig aufhielten, was „mehr als 7 Stunden/Tag“ bedeutete. Der Schwarm an Minirobotern drehte, sich selbst steuernd, seine Runden um die Endevion, sie dabei mit starken Scheinwerfern beleuchtend. Der dunkle Hintergrund der „Ewigen Leere“, wie der Weltraum heutzutage gern von Menschen genannt wurde, die noch immer keinen Kontakt zu außerirdischen Spezies finden konnte, lieferte beinahe den Eindruck, als würden in der hauseigenen, ewigen Dunkelheit der Tiefsee biolumineszierende Putzerfische einen gigantischen Aal putzen.
Dieser Aal hier trug jedoch die 20 Meter große, weiße Aufschrift „U.E. Endevion“ und hatte 5 Milliarden Terra gekostet, der Währungseinheit der geeinten Erde.
Es war 14:20 Uhr Globaler Standardzeit, kurz GS, als das Antriebssystem der Endevion zur Vorerwärmung bereits im Leerlauf aktiviert wurde.
Um Punkt 15:00 Uhr GS sollte der Stapellauf des Raumschiffes erfolgen.
Spöttische Beobachter, so wie der Kapitän der Endevion, der deutsche Wilhelm Thobaldsen, scherzten jedoch, dass man hier ruhig „Stapelschuss“ sagen könnte. Immerhin erinnerte die Endevion in ihrer gesamten Pracht gesehen stark an einen Pfeil, der aus einem straff gespannten Bogen geschossen werden würde.
Der Bug der Endevion war wie ein Pfeilkopf geformt, jedoch nicht um Windwiderstände zu minimieren; Widerstände, die es sowieso nicht im Weltraum gab. So wie alles auf der Endevion, wurde auch der Bug mit Uriel – Energie versorgt, jedoch mussten die Rückstände des Uriels irgendwohin ausgeblasen werden. Um zu verhindern, die Oberfläche des eigenen Raumschiffes mit Urielrückständen zu verschmutzen oder um gar sensible Bereiche damit zu verstopfen, war der Bug eines jeden neueren U.E. Raumschiffmodells auf diese Art und Weise geformt. Die Rückstände wurde an der Spitze des Pfeilkopfes gesammelt, bevor sie über interne Druckleitungen entlang der äußeren Kanten des Pfeilkopfes schließlich an deren Enden ausgeblasen wurden, wobei die Kanten ein gutes Stück plus einem errechneten Sicherheitsabstand für Kurvenflüge über den hinteren Rest eines jeden Raumschiffes hinwegragten.
Der Bug der Endevion war durch eine kurze und dicke, kastenförmige Verbindung mit dem eigentlichen Hauptteil des Raumschiffes verbunden. Durch diese Verbindungsstelle liefen Energieversorgungsleitungen, sowie weitere Leitungen für interne Kommunikation oder zur Aufrechterhaltung eines für Menschen geeigneten Biosystems an Bord des Raumschiffes.
Den Hauptteil des Raumschiffes machte jedoch das Antriebssystem aus.
Der nach Einstein benannte Antrieb "Albert" erstreckte sich auf diesem länglichen Gebiet am Schaft des imaginären Pfeils und war der derzeitige Stolz der Wissenschaft.
In Form von kugelförmigen Segmenten, die durch metallene Streben miteinander verbunden waren und so den Vergleich eines mechanischen Bienenstocks nahe legten, erstreckte sich der Antrieb über eine Gesamtlänge von 1,52 km.
Jedes Kugelsegment, jede "Bienenwabe", diente dem Antrieb; durch die Synergie der einzelnen, ebenfalls mit Uriel-Energie gespeisten Elemente sollte das hochgesteckte Ziel der annähernden Lichtgeschwindigkeit erreicht werden.
Die Endevion war das erste Raumschiff der Menschheit, dass eine realistische Chance hatte, fast Lichtgeschwindigkeit zu erreichen.
Aufgrund des erwarteten Effektes der Massevergrößerung nach Einstein beim Flug mit 99,9L, der 99,9%igen Lichtgeschwindigkeit, war die Endevion im Gegensatz zu normalen U.E. Raumschiffen sehr stabil und eher wuchtig gebaut worden, fand Thobaldsen, wobei ihm sicher jeder Wissenschaftler recht gegeben hätte. Normale Raumschiffe mussten im Weltraum kaum Druckbelastungen aushalten und wirkten eher wie grazile Grashüpfer im Vergleich zur Endevion, die wie eine schwer gepanzerte Libelle wirkte.
Dafür fehlten jedoch Ahsura, Automated Humanoid Support & Risk Applications, bei der Endevion gänzlich.
Diese, in allen möglichen Formen hergestellten, Roboter waren trotz ihres Namens nicht von menschenähnlicher Gestalt. Das, worin diese Roboter menschlich sein sollten, war ihre künstliche Intelligenz, die sie auf äußere und innere Einflüsse und Störung des Betriebs eines Raumschiffes selbstständig und korrekt reagieren lassen sollte. So gehörten zum Beispiel zur Aufgabe dieser Roboter die Vernichtung herannahender, im Weltall treibender Felsbrocken, äußere Blackbox-Datenaufzeichnung, das automatische Verschließen von Lecks in der Hülle eines Raumschiffes, das Besprühen mit Kühlwasser von hochsensiblen und leicht entflammbaren Teilen eines Raumschiffes und vieles mehr, für das Menschen einfach nicht mehr einsetzbar waren, oder die Ahsura das viel effektiver erledigen konnten.
Somit hatte jedes U.E. Raumschiff viele kleine und größere, automatisierte Roboter um sich schweben, die verschiedenste Aufgaben erledigten oder, für den Fall das es nicht zu tun gab, sich an die Oberfläche anhafteten und in Ruhestellung übergingen.
Zu jedem Ahsura – System gehörte ebenfalls ein Kontrollprogramm namens DAI – Digital Ahsura Intelligence.
Doch nicht einmal das wies die Endevion auf. Keine Ahsura hätte ein DAI sinnlos gemacht und kein Ashura kann mit 99,9L schritthalten, was wiederum die Ahsura für die Endevion sinnlos machten.
Man hatte noch keine Lösung für dieses Problem gefunden, jedoch wurde eine sehr sichere Flugroute ausgewählt. Zwischen Alypo, dem Startpunkt des Endevionfluges, und dem Mars, dem Ziel der Endevion, existierten keine Gaswolken, Feinpartikelgürtel und selbst Meteore ließen sich auf dieser Route sehr selten blicken. Die Route wurde freigeräumt von jeglichen U.E. Flugverkehr und Thobaldsen fühlte sich sicher, mehr oder minder blind zu fliegen, sich nur auf Leitstrahlen des U.I.N., Universal Information Network, zu verlassen, dass neben einer riesigen Datenbank auch noch weitere Aufgaben übernahm wie Flugroutenberechnung und –leitung, sowie unter anderem Beobachtung von Gletscherschmelzen, als auch Wetteranalyse der Erde und menschlicher Kolonien.
Es ging auf 14:35 GS zu, als Thobaldsen auf dem in die Kontrollkonsole vor ihm eingelassenen Touchscreen wie erwartet eine Reihe von roten Lichtpunkten langsam ins Grüne wechseln sah. Die einzelnen Miniroboter, die die Endevion kontrollierten, gaben ihr OK für einen Flug und zogen sich der Reihe nach zu ihren Mutterraumschiffen zurück.
Weiter draußen im Weltall zogen militärische U.E. Raumschiffe ihre Runden, um potentielle Angreifer rechtzeitig abzuwehren. Zwar kannte die Menschheit keine außerirdischen Rassen und die Erde war im 27. Jahrhundert in einem Zustand der friedlichen Koexistenz, dennoch wollte man auf Nummer sicher gehen. Besser gut aufgepasst als einen 5 Milliarden Terra - Trümmerhaufen vor Alypo berichten zu müssen, nur, weil 2 Militärraumschiffe gefehlt hatten. Wie erwartet war jedoch nichts in Sicht, las Thobaldsen auf seiner Konsole den Bericht eines Offiziers, der inoffiziell beigefügt hatte, dass er sich köstlich langweilte und weiter unten im Text darüber sinnierte, ob so eine Wortkonstruktion wie „köstlich langweilen“ überhaupt Sinn mache. Eine P.S. – Fußzeile enthielt die Bitte, diese Teile des Berichtes unter 4 Augen zu belassen, vielen Dank auch.
"U.E. Endevion, hier Hellespont, bitte melden." erklang eine Frauenstimme aus den Lautsprechern auf der Brücke der Endevion, als zur gleichen Zeit ein weißer Ring auf dem blauen Hintergrund des Touchscreens erschien; das Zeichen, dass ein eingehender Funkspruch eintraf.
Thobaldsen drückte in die Mitte des Kreises, der sich daraufhin füllte, um anzuzeigen, dass die Kommunikation nun in beide Richtungen offen sei.
Er erwiderte mit "Hier U.E. Endevion, Kapitän Thobaldsen. Sicherheitscode Centi 369-ida".
„Verifiziert“, kam die prompte Antwort, „Sicherheitscode Omega-Alpha 100-2“
„Verifiziert. Guten Tag, Alypo“ sagte Thobaldsen zufrieden darüber mit den Sicherheitscodes durch zu sein.
„Also wirklich“ schien die Frau auf Alypo seine Gedanken zu lesen, „wer denkt sich denn nur solche Sicherheitscode aus? Als ob alles, was geheimnisvoll ist, mit griechischen Buchstaben belegt sein muss.“
„Die Griechen waren nun mal ein geheimnisvolles Volk“ antwortete ihr Thobaldsen.
„Wieso das? Da finde ich das alte Ägypten mit seinen Pharaonen viel geheimnisvoller“
„Nun“ sagte Thobaldsen lächelnd, „bis jetzt weiß noch niemand, wie sie 2010 die Fußball-Weltmeisterschaft gewinnen konnten“.
„Wie schon“ sagte die Frau, „sie haben wohl damals am besten Fußball gespielt“
„Entschuldigen Sie bitte, wenn ich das jetzt sagen muss, aber Sie kennen sich wirklich nicht mit antikem Fußball aus, oder?“ grinste Thobaldsen.
„Nein, und es interessiert mich auch nicht“ kam eine kühle Antwort. Thobaldsen machte sich kurze Sorgen, ob er die Frau in der Hellespont – Kuppel verärgert haben konnte, obwohl er eigentlich nur die angespannte Stimmung etwas aufheitern wollte.
"Wie sieht’s bei euch da oben denn aus?" fuhr die Frauenstimme fort, unbeeindruckt von einem runden Leder.
Thobaldsen atmete erleichtert aus, als er "Sehr gut. Alle Systeme arbeiten einwandfrei und sind in Bestform. Unser Baby strahlt in Hochglanz und mein Kaffee hat gerade die richtige Trinktemperatur erreicht. Und bei euch da unten? Hat sich der Sturm schon gelegt, den wir von hier aus sehen können?" antwortete.
Weitere Kontrolllichter schalteten auf grün und gaben immer mehr OK’s für den Start der Endevion frei.
Die Frauenstimme lachte kurz und unnatürlich, offensichtlich, um die angespannte Lage des Experiments zu überschatten, und berichtete von einem düsteren Horizont außerhalb der Hellespont Kuppel und gelegentlichen, harmlosen Einschlägen von Steinen auf der Kuppeloberfläche.
"Sie sollten sich wirklich keine Sorgen um uns machen, Thobaldsen," fuhr die Frauenstimme fort, "schauen Sie lieber, dass der Flug gut gelingt und Sie mir pünktlich beim Mars ankommen!".
"Als ob ich viel machen müsste, außer aufzupassen, dass kein Kaffee in die Konsolen geschüttet wird und einen Kurzschluss verursacht" spottete dieser daraufhin, etwas in seiner Kapitänsehre verletzt. Es war ihm zwar verständlich, dass man bei einem Experimentalflug soviel wie möglich automatisiert erledigt haben wollte um menschliches Versagen gleich von vorhinein auszuschließen, doch Thobaldsen fragte sich ernsthaft, ob die Wissenschaftler schon daran gedacht hätten, wer, wenn nicht Menschen, die automatisierten Kurse dann eingegeben hätte. Viel logischer erschien ihm jedoch das Argument, dass man noch keine Erfahrungen mit dem Flug bei solchen Geschwindigkeiten hatte und die Steuerung des Raumschiffes durch einen Menschen eventuell schlimme Folgen haben könnte.
Eine kurze Verzögerung bei der Antwort der Frau folgte, als diese Thobaldsen mit "Reden Sie mir bloß keine weiteren paranoiden Gedanken ein. Ich habe schon von unerwarteten Ereignissen, die unser Experiment fehlschlagen lassen, geträumt" aus seinem Gedankengang riss.
"Zum Beispiel?" wollte Thobaldsen wissen, als er auf einem zweiten Touchscreen Messwerte über Druck- und Temperatur in den Uriel-Reaktoren der Endevion überflog.
"Heuschrecken" kam eine leicht zögerliche Antwort von Alypo.
Thobaldsen sah von den Messwerten auf und blickte aus der Fensterfront des Buges, das gähnende schwarze Leere zeigte, die mit einigen Lichtpunkten gesprenkelt war.
"Heuschrecken?" sagte er, ein Lachen verkneifend.
"Ja, Heuschrecken. Es war ein Traum, da muss nichts einen Sinn ergeben. Die Heuschrecken fraßen die Hülle der Endevion auf und haben das Raumschiff nackt hinterlassen"
"Ich hoffe nur das und nicht auch noch die Crew" grinste Thobaldsen vor sich hin, als ein U.E. Raumschiff an der Fensterfront vorbeizog und Scheinwerfer Thobaldsen blendeten.
"Sehr witzig, machen Sie sich nur lustig über meinen Traum" antwortete ihm die Frau.
"Entschuldigung, das wollte ich nicht" versuchte Thobaldsen die Frau zu beschwichtigen. Er war sich bewusst, dass alle, die an diesem Projekt mitgearbeitet hatten, derzeit sehr nervös sein mussten. Jahrelange Planung, Verhandlungen und schließlich die ausführende Arbeit selbst, der Bau der Endevion, mündeten nun in diesen kurzen Zeitpunkt des Starts des Raumschiffes, der rund 2,5 Stunden später bei der Ankunft in der Nähe des Mars zeigen würde, ob all die beteiligten Personen nur einem Gespenst hinterhergejagt hatten oder den großen Coup landen würden.
"Keine Rede. Tun Sie mir nur den Gefallen und tanzen Sie mit mir, wenn die Feier auf dem Mond stattfinden soll"
"Ich fühle mich geschmeichelt" entfuhr es Thobaldsen eher ungewollt.
"Das meinte ich doch nicht so," sagte die Frauenstimme leicht erbost, "rein formal, Sie wissen schon. Zur Feier des Anlasses, dass alles gut gelaufen ist."
"Natürlich, ich wollte Sie nur etwas aufziehen“ versuchte er sich herauszuwinden, „Gibt es sonst noch etwas, was ich wissen sollte, außer Heuschrecken?"
"Nein, Sie Scherzkeks."
"Na dann, ich sehe es ist bereits 14:47 Uhr. Wir werden jetzt langsam los müssen und die Umlaufbahn verlassen, bevor es losgeht. Bis bald, auf dem Mond. Endevion out"
"Hellespont out" endete die Übertragung über Extralink, dem Standard - Weltraumkommunikationssystem des 27. Jahrhunderts.
Thobaldsen entfernte sich von der Kontrollkonsole, da mittlerweile alle ehemals roten Punkte grün aufleuchteten und militärische Raumschiffe noch immer keine Besonderheiten meldeten, nicht einmal mehr sprachwissenschaftliche. Er setzte sich in den für ihn reservierten Stuhl, der über kleinere Steuerkonsolen verfügte, die direkt mit dem bioquantenmechanischen Computer der Endevion verbunden war.
Thobaldsen war der einzige Mensch auf der Brücke, der Rest der Crew befand sich in "Albert". In jedem Kugelsegment musste sich ein Mitarbeiter befinden, der den Fluss des Uriel sowie dessen Temperatur- und Druckentwicklung zu überwachen hatte. Ein paar Ausfälle einiger Kugelsegmente waren drin. Würden jedoch zu viele ausfallen, könnte man den Rekord an Geschwindigkeit getrost vergessen und hätte Milliarden Terra verschwendet.
Nahe an der Endevion liegende Raumschiffe entfernten sich auf den Sicherheitsabstand von 20.000 Kilometer und Photokameras, Videogeräte und Holographrekorder wurden gezückt, um diesen denkwürdigen Moment festzuhalten.
Es schlug 15:00 Uhr.
Thobaldsen kontrollierte noch einmal alle zusammengefassten Messdaten und sah überall ein OK für den Start. „Albert“ hatte die richtige Vortemperatur zur Zündung des Uriel erreicht und war betriebsbereit. Durch einen Knopfdruck wurden 20 Kugelsegmente aktiviert, woraufhin das Uriel in einem Röhrensystem in Bewegung geriet und durch die darübergelagerten, mit Wasser durchströmten Venturidüsen ein Unterdruck im Uriel erzeugt wurde. Sekunden später entzündete sich die undefinierbar aus dem Inneren heraus grün leuchtende, zähflüssige Substanz Uriel und die Kugelsegmente erzeugten einen Schub, der die Endevion mit 0,0001L langsam aber sicher aus der Umlaufbahn von Alypo brachte.
Da der Computer die gesamte Steuerung des Kurses zum Startpunkt nun übernahm, konnte Thobaldsen nichts weiter tun, als entspannt in seinem Stuhl zu sitzen, seinen Kaffee zu trinken und das vorbeiziehende Sternenmeer zu beobachten.
Die Endevion hinterließ bei ihrem Weg zum Startpunkt eine kaum sichtbare, dunkelgrüne Spur an ausgestoßenem Uriel, dass im Weltall trieb. Die Kanten des Pfeilkopfes und die hinterste Kugelsegmente schimmerten grünlich, da im Moment nur sie mit Energie durchflossen waren und arbeiteten.
Als das Raumschiff schließlich bei der Startposition ankam, wartete der Computer auf den letzten Startbefehl von Thobaldsen, der es nun in der Hand hatte, den Experimentalflug noch abzubrechen. Thobaldsen sah keinen Grund hierfür, der Computer zeigte überall grünes Licht an, also aktivierte er per Stimme und einem weiteren Sicherheitscode das Programm „Einstein“, dass den Flug von Alypo bis zum Mars steuerte.
Der Rest der Kugelsegmente begannen ebenfalls leicht grünlich zu leuchten, als immer mehr Uriel verbrannt wurde und die daraus resultierenden Energiepotentialunterschiede die Endevion zuerst langsam und dann immer schneller nach vorne drückten.
Mehrere Raumschiffe und automatisierte U.I.N. – Kameramodule folgten der Endevion noch so lange sie dies konnten, einerseits zur abschließenden Kontrolle, andererseits um wichtige Daten für eine spätere Analyse und Berichterstattung zu sammeln.
Bei der bisherigen Maximalgeschwindigkeit von 14L verloren die mitfliegenden Raumschiff die Endevion jedoch Stück um Stück und konnten schlussendlich nur noch dessen Heck hinterhersehen, als die Endevion in den Fernen der „Ewigen Leere“ verschwand.
Die berechnete Flugzeit ergab sich zu 2 Stunden, 34 Minuten und 8 Sekunden.
Das Abbremsmanöver müsste bei Neptun eingeleitet werden, wo die Endevion aus 99,9L gehen und ihre Bremstriebwerke auf voller Leistung aktivieren, sowie ein Viertel der Kugelsegmente auf Gegentrieb umschalten musste. Die restlichen drei Viertel der Kugelsegmente sollte dann abgeschalten werden.
2 Stunden, 34 Minuten und 8 Sekunden später, in der Nähe des Mars, erwarteten Hunderte von schaulustigen Raumschiffen die Ankunft der Endevion. Unter ihnen waren zivile, als auch U.I.N. Raumschiffe, wissenschaftliche Raumschiffe, Schulklassen die Raumschiffe gemietet hatten und natürlich militärische Raumschiffen, die dafür sorgten, dass die 20 km Kugel im Raum frei blieb, damit die Endevion in diesem kugelförmigen Gebiet sicher zum Stillstand kommen konnte. Gelegentliche Überschreitungsversuche dieser Kugelzone wurden mit einem „Sie wurden von einem Waffensystem eines U.E. Raumschiffes erfasst. Bitte warten Sie auf weitere Anweisungen und verhalten Sie sich bis dahin ruhig“ beantwortet.
2 Stunden, 34 Minuten und 8 Sekunden später klaffte jedoch ein Endevion großes Loch in dieser Kugel.
Das Raumschiff blieb aus und selbst auf Langstreckensendern konnte das Raumschiff nirgendwo ausgemacht werden. Nach der derzeitigen Erkenntnis der U.E. Weltraumüberwachung befand sich die Endevion nicht einmal ansatzweise in der Nähe des Erdsonnensystems.
Es würde wohl doch etwas länger dauernd, waren sich viele Leute sicher. Immerhin war es ein Experimentalflug, da war es verständlich, wenn Berechnungen über Flugzeiten noch nicht so genau waren. Aus dieser anfänglichen Gewissheit wurde immer mehr eine bangende Hoffnung, als Minute um Minute verstrich, in der sich U.E. Wissenschaftler ratlos ansahen, da man die Endevion noch immer nirgends finden konnte und bereits wütende Wirtschaftsmogule darüber fluchten, nie wieder Geld in Hirngespinste investieren zu wollen.
35 Minuten und 2 Sekunden nach der errechneten Ankunftszeit hatten viele zivile Raumschiffe bereits keine Lust mehr zu warten und ignorierten die Drohung der U.E. Militärraumschiffe nicht durch die freigeräumte Kugelzone zu fliegen. Diese war immerhin eine nette Abkürzung zurück zum Mars, anstatt noch einen langweiligen Bogen um dieses Sperrgebiet fliegen zu müssen. Außerdem würden Menschen nicht auf andere Menschen schießen, das ergab keinen Sinn für die Menschheit des 27. Jahrhunderts.
Was sollte schon groß passieren, fragten sich viele zivile Raumschiffe, die nun langsam in die Sperrzone strömten und sich daran machten nach Hause zu fliegen, die Endevion war nicht einmal im Sonnensystem zu finden. Selbst wenn man sie jetzt beim Neptun sehen würde, bräuchte das Abbremsmanöver noch mehr als 20 Minuten, bevor die Endevion hier ankommen würde. Zeit genug, um sich wieder aus der Sperrzone zurückzuziehen.
35 Minuten und 3 Sekunden nach errechneter Ankunftszeit war der Aufenthaltsort der Endevion bekannt.
Der pfeilförmige Bug der Endevion steckte in einem großen zivilen Kreuzfahrtfrachter inmitten der Sperrzone und wies schwere Beschädigungen an der gesamten Hülle auf, vermutlich durch die enorme Wucht, mit der der Bug in das Raumschiff eingeschlagen sein musste.
Zu diesem Zeitpunkt konnte jedoch noch niemand an Theorien denken, da alles in Sekundenbruchteilen passierte. Vor einer Sekunde war noch keine Spur der Endevion zu sehen, nun drohte der Bug des Raumschiffes einen zivilen Transporter zu zerreißen und hatte bereits weit über 800 Menschen das Leben gekostet.
Viel mehr Zeit zum Überlegen oder der Ausbreitung von Panik blieb den schockierten Menschen auf den anderen U.E. Raumschiffen in der Sperrzone auch nicht als sie das getroffene U.E. Raumschiff sahen, da wenige Sekunden später eine Art grüner Feuerregen auf die Sperrzone einprasselte. Für die, die dort waren, sah es ungefähr so aus, wie der in der Bibel beschrieben Feuerregen Gottes auf Sodom und Gomorrha, jedoch nur in grün. Grüne Linien schossen aus einer Richtung des Weltraums in Richtung Sperrzone und trafen viele Raumschiffe dort, die teilweise bloß mit abgerissenen Steuerteilen, zerfetzten Ahsura oder sonstigen Lackbeschädigungen davonkamen, jedoch explodierten manche auch beim Aufprall des grünen Terrors.
Der Schauer-Regen dauerte noch weitere 13 Minuten an, bevor er endlich aufhörte und über 130 teils schwer beschädigte Raumschiffe und mehr als 5.000 Tote zurückließ.
Erste Analysen zeigten, dass es sich bei dem grünen Elementen, die mit dem Raumschiffen kollidierten, wohl um Teile des Antriebssystems „Albert“ gehandelt haben musste, das offenbar irgendwann auseinandergebrochen war. Der Bug war beim ersten Augenschein großteils unversehrt, obwohl die Kanten des Pfeilkopfes mehr oder minder fast aufgesprengt wirkten und der Bug in einem Weltraumkreuzer steckte. So, wie es aussah, konnte man nur schlussfolgern, dass die Endevion nie oder zu spät abgebremst hatte. Obwohl die Messwerte etwas anderes sagten, dass die Wissenschaftler jedoch nicht glauben wollten. Solche Messergebnisse konnten einfach nicht stimmen, dafür war die Endevion nicht einmal konstruiert worden.
Eine Anzeige auf einer Konsole in einem wissenschaftlichen Raumschiffe, das verschont geblieben war, zeigte die errechnete Geschwindigkeit der angekommenen Trümmerteile.
„169,8% Lichtgeschwindigkeit“ stand in grünen Buchstaben auf der Anzeige."

Krake

Das Meeresfrüchtchen

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