Schlussstrich (1)

Außer sich vor Wut und mit blutigem Gesicht ging Enlil in das Zimmer, in dem der noch leblose Körper von Amelia lag.
Amelia lag auf einem bereitgestellten, einfachen Bett. Außer diesem Bett war der Raum standardmäßig mit einem Schreibtisch, dazugehörigem Stuhl, einem Waschbecken und Schrank ausgestattet. Eine vorbildliche, standardisierte Unterkunft auf dem Sephiroth. Die metallenen Grautöne hatten für Enlil einen kühlen Eindruck ergeben, so dass er einige Bilder aufhängen ließ und Blumen in einer Vase abgestellt hatte. Er wollte, dass wenn Amelia aufwachen würde, sie es so angenehm wie nur möglich haben würde.
Der Seelenmagnet summte leiste vor sich hin, als Enlil noch immer leicht benommen von den Schlägen Enkis zum Waschbecken taumelte und das Wasser aufdrehte.
Wie konnte er nur! Sein eigener Bruder! Putschversuch, dass ich nicht lache! Was war nur vorgegangen in Enki...Enlil wusste es nicht. Er wollte es gar nicht verstehen, diesen Anflug von Schwäche. Zumindest hatte er dafür bekommen, was er verdient hatte.
Enlil wusch sich vorsichtig das Gesicht, da seine gebrochene Nase noch immer schmerzte. Er müsste wohl auf die Krankenstation gehen und sich dort versorgen lassen. Und er sollte jemandem sagen, dass eine Leiche in der Nähe der Andockschleuse wegzuräumen sei. So viele Extraaufgaben, die ihm Enki verursacht hatte. So viele Möglichkeiten, wo er das Erwachen seiner Tochter verpassen könnte!
Frechheit!
Als sich Enlil fertig gewaschen hatte, drehte er das Wasser ab und legte die benutzte Waffe auf den Schreibtisch. Sie war noch leicht warm von dem kürzlich abgefeuerten Strahl.
Da er sich nicht sicher war, ob es weitere Putschversuche geben könnte, rüstete sich Enlil mit einer weiteren Waffe aus. Vielleicht wäre es klug auch Befehl zu geben, alle möglichen Putscher sofort exekutieren zu lassen? Ja, das würde helfen die Kontrolle zu behalten.
Schließlich näherte sich Enlil der Ausgangstür, die sich mit einem leisen Surren von selbst öffnete und ging einen Schritt hinaus auf den Gang, als er plötzlich hörte: „...schwanger!“.
Erschrocken erstarrte er für einige Sekunden der Unsicherheit und griff bereits zu seiner Waffe, bevor sein Gehirn endlich verarbeitet hatte, woher diese Stimme gekommen war.
Amelia!
Hastig drehte er sich um und rannte in den Raum zurück, in dem er seine Tochter vorfand, im Bett aufrecht sitzend. Mit verwirrten Blick und Panik in den Augen suchte sie den Raum ab nach Anhaltspunkte, wo sie sich befinden würde oder was eigentlich passiert war.
Schließlich blieb ihr Blick auf Enlil haften und ihr Gesichtsausdruck änderte sich von verwirrt auf verwirrt mit einem Schuss vertrautem Erkennen.
„Vater?!“ brachte sie hervor.
„Ja mein Liebling, ich bin es, dein Vater...“ sagte Enlil und musste gegen Tränen des Glücks ankämpfen, als er sich seiner Tochter näherte und sie umarmen wollte.
Doch diese hob erschrocken einen abwehrenden Arm und Enlil hielt darauf inne.
„Was ist mit dir passiert?!“ fragte sie, noch immer entsetzt und verwirrt und musterte dabei Enlils Gesicht, das einzig vertraute Objekt im Moment.
„Das ist gar nichts Schatz, mach dir keine Sorgen, es geht mir gut.“
„Was? Aber...was ist passiert, wo bin ich hier?!“
Enlil sah ein, dass er Schock für seine Tochter wohl noch zu groß sein müsste und zog einen Stuhl zum Bett heran, in dem er es sich gemütlich machte.
„Es ist alles in Ordnung mein Schatz, wir können jetzt auf immer zusammen sein, ganz ungestört!“ sagte Enlil fröhlich und mit Freudentränen in den Augen.
„Wieso weinst du Vater?“ fragte Amelia, die sich langsam orientieren konnte, in einem ihr vollkommen unbekannten Raum, „Und wo ist Theron?!“
„Theron? Wer?“
„Theron! Mein Mann, Theron!” sagte Amelia wütend.
„Tut mir leid, das weiß ich leider nicht Liebling“
Amelia schwang ihre Beine über die Kante des Bettes und sah sich noch einmal in dem sterilen Raum um.
Schließlich kam sie zu einer logischen Schlussfolgerung.
„Das Letzte was ich weiß ist, dass Eridu...zerbrochen...oder explodiert ist. Und unsäglicher, doch kurzer Schmerz. Und jetzt bin ich hier. Ich muss also tot sein und dass hier ist das Jenseits. Obwohl ich mir Tempus Morti anders vorgestellt habe...“ sagte sie kühl analysierend.
„Nein,“ lächelte sie Enlil an, „du bist nicht tot! Wir haben dich zurückgeholt!“
„Zurückgeholt?“ fragte Amelia ungläubig, „was genau meinst du damit?“
„Es ist kompliziert und ich verstehe, dass du aufgeregt bist. Schau, trink zuerst mal einen Schluck Wasser, das wird dir sicher gut tun. Dann kann ich dir alles in Ruhe erklären, wenn du magst“
„Ja, bitte, Wasser wäre jetzt nicht schlecht.“
Enlil stand aus seinem Stuhl auf und holte ein Glas aus dem Schrank. Beim Anfüllen mit Wasser sagte er „Ich bin so unendlich froh, dass du wieder da bist Liebling...“ und Amelia antwortete verwirrt mit einem „Ähm, okay“.
Enlil ging zurück zum Bett und gab Amelia zu trinken, die daraufhin begierig das Glas leerte und erfrischt „Aaahh“ sagte.
„Geht es dir schon etwas besser?“ fragte Enlil vorsichtig nach.
„Ja, danke Vater. Dir auch? Du hast Wunden im Gesicht“
„Ich werde nachher auf die Krankenstation gehen, versprochen. Mach dir keine Sorgen, es ist wohl nur eine gebrochene Nase.“
„Wie hast du sie dir gebrochen?“ fragte Amelia nach.
Enlil verzog kurz das Gesicht, als er schließlich mit „Es gab Probleme mit Untergebenen“ antwortete.
„Oh? Wurde noch jemand verletzt?“.
„Nein, zum Glück nicht.“ log Enlil, um seine Tochter nicht aufzuregen. Er wusste, wie sehr sie Onkel Enki gemocht hatte. Er würde es ihr irgendwann später einmal erklären...oder vielleicht auch niemals.
„Das ist schön zu hören. Nun dann, erklär mal“
„Was genau?“ fragte Enlil nach.
„Alles. Wenn das hier nicht das Jenseits ist, was ist es dann? Das ist doch mal ein guter Start“
„Du bist im Sephiroth, einer gigantischen Maschine 30 Lichtjahre von Eridu entfernt.“
„Eridu? Meinst du nicht dessen alte Position?“
„Nein, ich habe es korrigiert für dich, mein Liebling“
„Ähm...was?“ wunderte sich Amelia erneut.
„Diese Maschine ist fähig, Eridu wieder zurückzuholen.“
Amelia sah kurz nachdenklich gegen an Enlil vorbei, der sie noch immer mit verliebten Augen ansah.
„Zurückgeholt? Stört das nicht Schicksal und seine Helfer?“ fragte sie schließlich.

Krake

Das Meeresfrüchtchen

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