Eridu
Beneloh wachte nun zum vierten Mal in Folge schweißgebadet auf.
Seit vier Nächten hatte er diese Alpträume nun und sie wirkten immer realer auf ihn. Immer kam dieses seltsame, geisterhafte Mädchen darin vor und letzte Nacht hatte sie sogar noch mit ihm gesprochen.
Er konnte sich zwar nicht mehr daran erinnern, was das Mädchen gesagt hatte, dennoch wurde es ihm langsam unheimlich.
Nach einer angenehmen Dusche und den alltäglichen Reinigungsritualen nach dem Aufstehen ging Beneloh angezogen an eines der vielen Fenster seines Zimmer und blickte von dort auf den Platz des Friedens hinab.
Alles war normal, wie er es vor dem Schlafengehen zurückgelassen hatte. Die drei Sonnen von Eridu schienen um diese Jahreszeit alle in der nördlichen Hemisphäre und tauchten den Himmel in eine Mischung aus rotem, gelben und weißen Licht, dass im Endeffekt aussah wie die Eingeweide eines überfahrenen Tieres. Zwar störte das die Eridaner nicht, die Besatzer von Marduk sahen jedoch nur widerwillig gen Himmel, vor allem nach einem üppigen Mahl.
Die Vorbereitungen für die morgige Krönungszeremonie liefen auf Hochtouren, als am Platz des Friedens Marktstand um Markstand wuchs und man Architekten miteinander streiten hören konnte, ob dieser Teppich nun rot, weinrot oder grad violett sein sollte und es beinah zu Handgreiflichkeiten kam diesbezüglich.
Das Heavengate, ein altes Relikt einer nun mehr verbotenen Sekte, stand ebenso wie immer am Platz des Friedens und reflektierte das Licht der Sonnen. Vor vielen hundert Jahren hatte eine Religion behauptet, dass das Heavengate, ein aufrechtstehender Wasserring, das „Tor zum Himmel und damit zu Gott“ sei, doch nicht einmal die höchsten Religionsführer konnten es jemals aktivieren, um damit einen Beweis zu liefern. Somit wurde die Religion rasch als falsch gebranntmarkt und als Sekte deklariert, die nun nur noch in geheimen Zimmern ihrer Religion nachgeht und der falschen Göttin Nephila huldigte.
Götter waren auf Eridu, und soweit das Beneloh von den mardischen Besatzern mitbekommen hatte, sowieso nirgends beliebt. Aber man musste dann nicht noch eine falsche Göttin anbeten, nur um irgendetwas anzubeten, fand Beneloh.
Wie immer standen auch zwei bewaffnete mardische Wachen neben dem Heavengate und litten extrem unter der Sonneneinwirkung im Sommer, wenn alle drei Sonnen vom Firmament brannten. Zumindest etwas Genugtuung, fand Beneloh.
Wenn er sich konzentrierte, konnte er sogar am Himmel einen heller leuchtenden, rosa-rot wirkenden Punkt ausmachen. Das Zohar. Laut Legenden hätte es helfen sollen, immerhin war es ein Hoffnungsträger und nur mit positiven Geschichten umschrieben worden. Doch was tat dieser nutzloser Fleck am Himmel, als plötzlich mardische Raumschiffe begannen Eridu zu bombardieren? Die Rauchschwaden überdeckten einfach die Sicht auf Zohar und die Schreie der Leidenden wurden von niemandem gehört. Und heute strahlt es genauso fröhlich wie sonst immer am Himmel, zusehend, wenn die, denen es angeblich helfen soll, leiden müssen. Es könnte fast schon mit dieser falschen Göttin Nephila assoziiert sein, so nutzlos ist dieses Ding.
Beneloh drückte einen Knopf neben dem Fenster und hörte aus der Ferne eine Glocke läuten. Zwar fand er die importierte mardische Technologie, die das Leben leichter machte, sehr nützlich und angenehm. Doch auf die riesigen Sonnenkollektoren die das Sonnenlicht Eridus abfingen und über Solarsatelliten die Energie nach Marduk weiterleiteten, fand er nicht mehr so lustig. Ebensowenig wie diese pilzförmigen Waffen, die enorme Zerstörungen anrichteten und Eridu rasch dazu bewegten zu kapitulieren. Das Land, dass durch diese Waffen getroffen wurde, war danach vollkommen unbewohnbar und viele Eridaner starben dort an seltsamen Hautkrankheiten oder nicht bekannten inneren Symptomen, während die Marden einfach zusahen und meinte „das sei halt so bei dieser Waffe“.
Schließlich ging die Tür zu seinem Zimmer auf und eine freundliche Stimme sagte „Guten Morgen Beneloh!“.
Er drehte sich zur Quelle der Stimme um und begrüßte den gerade hereingetretenen Phytonen, einen Vertreter der Homo botanica. Wie jeder Phytone hatte auch dieser auf seinem Kopf Überbleibsel seiner genetischen Herkunft, sozusagen eine Art „Rasse“ obwohl das die Phytonen nicht so sahen, und dieser hier hatte winzige Dotterblumen auf seinem Kopf wachsend. Ansonst war sein Körper wie der jedes anderen Phytonen: komplett pflanzlich, grüne Haut, kleine Ranken schlangen sich um Arme und Beine. So, wie man sich eben menschliche Pflanzen vorstellen würde.
„Morgen Phyll“ antwortete ihm Beneloh, „was steht heute auf meiner Tagesordnung?“
„Ach“ freute sich Phyll, „ziemlich wenig! Dein Vater König Enkidu möchte dich sehen um mit dir gemeinsam einen Kranz vor dem Grab deiner Mutter niederzulegen, bevor es morgen zu hektisch sein würde mit der Krönungszeremonie. Sonst wird noch ein Berater einige Details mit dir wiederholen, damit du weißt was genau alles zu tun ist morgen. Soll ja alles glatt laufen bei deiner Krönung!“
Das Grab seiner Mutter. Vielen Dank, Marduk. Er wusste zwar, dass dies nur reiner Zufall war und es sonst noch viele Opfer gab, dennoch wäre ohne Marduk niemals kurz nach seiner Geburt seine Mutter bei einem Angriff getötet worden.
„Ich bin gleich soweit“ antwortete er Phyll und überlegte kurz, ob er sich beschweren sollte, dass er erneut alle Details für seine Krönungszeremonie durchgehen sollte. Zwar war es wichtig, dass wusste er schon, dennoch war es mehr oder minder eine Farce. Immerhin kontrolliert nicht mehr das Königshaus Eridu, sondern Besatzer einer anderen Welt. Die ganze Zeremonie morgen würde nur noch eine Geste sein, eine Geste der Moral eventuell oder der unterschwelligen Verzweiflung, wenn der Vater dem Sohn die Regierungsgeschäfte übertrug. Regierungsgeschäfte, die nun mehr daraus bestanden das Land zu verwalten im Sinne der mardischen Anweisungen und mardische Abgeordnete zu empfangen und sie nicht wütend zu machen. Darauf hatte Beneloh nicht wirklich Lust.
Als er schließlich bereit war, ging Beneloh mit seinem Diener Phyll, den er jedoch mehr als Freund sah und die beide per-du waren, aus dem Zimmer und machte sich auf den Weg zur Kranzniederlegung mit seinem Vater.
Seit vier Nächten hatte er diese Alpträume nun und sie wirkten immer realer auf ihn. Immer kam dieses seltsame, geisterhafte Mädchen darin vor und letzte Nacht hatte sie sogar noch mit ihm gesprochen.
Er konnte sich zwar nicht mehr daran erinnern, was das Mädchen gesagt hatte, dennoch wurde es ihm langsam unheimlich.
Nach einer angenehmen Dusche und den alltäglichen Reinigungsritualen nach dem Aufstehen ging Beneloh angezogen an eines der vielen Fenster seines Zimmer und blickte von dort auf den Platz des Friedens hinab.
Alles war normal, wie er es vor dem Schlafengehen zurückgelassen hatte. Die drei Sonnen von Eridu schienen um diese Jahreszeit alle in der nördlichen Hemisphäre und tauchten den Himmel in eine Mischung aus rotem, gelben und weißen Licht, dass im Endeffekt aussah wie die Eingeweide eines überfahrenen Tieres. Zwar störte das die Eridaner nicht, die Besatzer von Marduk sahen jedoch nur widerwillig gen Himmel, vor allem nach einem üppigen Mahl.
Die Vorbereitungen für die morgige Krönungszeremonie liefen auf Hochtouren, als am Platz des Friedens Marktstand um Markstand wuchs und man Architekten miteinander streiten hören konnte, ob dieser Teppich nun rot, weinrot oder grad violett sein sollte und es beinah zu Handgreiflichkeiten kam diesbezüglich.
Das Heavengate, ein altes Relikt einer nun mehr verbotenen Sekte, stand ebenso wie immer am Platz des Friedens und reflektierte das Licht der Sonnen. Vor vielen hundert Jahren hatte eine Religion behauptet, dass das Heavengate, ein aufrechtstehender Wasserring, das „Tor zum Himmel und damit zu Gott“ sei, doch nicht einmal die höchsten Religionsführer konnten es jemals aktivieren, um damit einen Beweis zu liefern. Somit wurde die Religion rasch als falsch gebranntmarkt und als Sekte deklariert, die nun nur noch in geheimen Zimmern ihrer Religion nachgeht und der falschen Göttin Nephila huldigte.
Götter waren auf Eridu, und soweit das Beneloh von den mardischen Besatzern mitbekommen hatte, sowieso nirgends beliebt. Aber man musste dann nicht noch eine falsche Göttin anbeten, nur um irgendetwas anzubeten, fand Beneloh.
Wie immer standen auch zwei bewaffnete mardische Wachen neben dem Heavengate und litten extrem unter der Sonneneinwirkung im Sommer, wenn alle drei Sonnen vom Firmament brannten. Zumindest etwas Genugtuung, fand Beneloh.
Wenn er sich konzentrierte, konnte er sogar am Himmel einen heller leuchtenden, rosa-rot wirkenden Punkt ausmachen. Das Zohar. Laut Legenden hätte es helfen sollen, immerhin war es ein Hoffnungsträger und nur mit positiven Geschichten umschrieben worden. Doch was tat dieser nutzloser Fleck am Himmel, als plötzlich mardische Raumschiffe begannen Eridu zu bombardieren? Die Rauchschwaden überdeckten einfach die Sicht auf Zohar und die Schreie der Leidenden wurden von niemandem gehört. Und heute strahlt es genauso fröhlich wie sonst immer am Himmel, zusehend, wenn die, denen es angeblich helfen soll, leiden müssen. Es könnte fast schon mit dieser falschen Göttin Nephila assoziiert sein, so nutzlos ist dieses Ding.
Beneloh drückte einen Knopf neben dem Fenster und hörte aus der Ferne eine Glocke läuten. Zwar fand er die importierte mardische Technologie, die das Leben leichter machte, sehr nützlich und angenehm. Doch auf die riesigen Sonnenkollektoren die das Sonnenlicht Eridus abfingen und über Solarsatelliten die Energie nach Marduk weiterleiteten, fand er nicht mehr so lustig. Ebensowenig wie diese pilzförmigen Waffen, die enorme Zerstörungen anrichteten und Eridu rasch dazu bewegten zu kapitulieren. Das Land, dass durch diese Waffen getroffen wurde, war danach vollkommen unbewohnbar und viele Eridaner starben dort an seltsamen Hautkrankheiten oder nicht bekannten inneren Symptomen, während die Marden einfach zusahen und meinte „das sei halt so bei dieser Waffe“.
Schließlich ging die Tür zu seinem Zimmer auf und eine freundliche Stimme sagte „Guten Morgen Beneloh!“.
Er drehte sich zur Quelle der Stimme um und begrüßte den gerade hereingetretenen Phytonen, einen Vertreter der Homo botanica. Wie jeder Phytone hatte auch dieser auf seinem Kopf Überbleibsel seiner genetischen Herkunft, sozusagen eine Art „Rasse“ obwohl das die Phytonen nicht so sahen, und dieser hier hatte winzige Dotterblumen auf seinem Kopf wachsend. Ansonst war sein Körper wie der jedes anderen Phytonen: komplett pflanzlich, grüne Haut, kleine Ranken schlangen sich um Arme und Beine. So, wie man sich eben menschliche Pflanzen vorstellen würde.
„Morgen Phyll“ antwortete ihm Beneloh, „was steht heute auf meiner Tagesordnung?“
„Ach“ freute sich Phyll, „ziemlich wenig! Dein Vater König Enkidu möchte dich sehen um mit dir gemeinsam einen Kranz vor dem Grab deiner Mutter niederzulegen, bevor es morgen zu hektisch sein würde mit der Krönungszeremonie. Sonst wird noch ein Berater einige Details mit dir wiederholen, damit du weißt was genau alles zu tun ist morgen. Soll ja alles glatt laufen bei deiner Krönung!“
Das Grab seiner Mutter. Vielen Dank, Marduk. Er wusste zwar, dass dies nur reiner Zufall war und es sonst noch viele Opfer gab, dennoch wäre ohne Marduk niemals kurz nach seiner Geburt seine Mutter bei einem Angriff getötet worden.
„Ich bin gleich soweit“ antwortete er Phyll und überlegte kurz, ob er sich beschweren sollte, dass er erneut alle Details für seine Krönungszeremonie durchgehen sollte. Zwar war es wichtig, dass wusste er schon, dennoch war es mehr oder minder eine Farce. Immerhin kontrolliert nicht mehr das Königshaus Eridu, sondern Besatzer einer anderen Welt. Die ganze Zeremonie morgen würde nur noch eine Geste sein, eine Geste der Moral eventuell oder der unterschwelligen Verzweiflung, wenn der Vater dem Sohn die Regierungsgeschäfte übertrug. Regierungsgeschäfte, die nun mehr daraus bestanden das Land zu verwalten im Sinne der mardischen Anweisungen und mardische Abgeordnete zu empfangen und sie nicht wütend zu machen. Darauf hatte Beneloh nicht wirklich Lust.
Als er schließlich bereit war, ging Beneloh mit seinem Diener Phyll, den er jedoch mehr als Freund sah und die beide per-du waren, aus dem Zimmer und machte sich auf den Weg zur Kranzniederlegung mit seinem Vater.
Alhym - 16. Nov, 13:25